Magaluf, 02.07.1999
gau. Magaluf ist nicht gerade ein Kleinod unter den Städten des Mittelmeeres. Im Gegenteil, Magaluf ist eine ziemlich häßliche Ansammlung von Hotelburgen eine halbe Busstunde südöstlich von Palma de Mallorca, in der es von rotnackigen, oberarmtätowierten britischen Staatsbürgern im Bereich des zwanzigsten Lebensjahres nur so wimmelt. Aber irgendwo zwischen "Prince Williams Pub" und "British Pub" wird im dritten Stockwerk der Unterkunft "Sol Jamaica" ausgesprochen viel deutsch gesprochen. Intellektuelle wie der Economic-Student Jan Sibbersen verbringen hier einige Tage auf der vor allem für Ballermann und Schinkenstraße bekannten spanischen Balearen-Insel.
Sibbersen unterscheidet insofern nichts vom gewöhnlichen Mallorca-Touristen, als er seit vergangenen Montag täglich ins Wasser geht. Allerdings läßt er sich nicht Sangria-beseelt im salzigen Naß der Bucht von Magaluf treiben, sondern bewegt sich mit neun Gleichgesinnten ausgesprochen schnell im Pool von Son Hugo. Vor allem Freistil ist die Spezialität des gebürtigen Oberfranken aus Coburg, der für Nikar Heidelberg an den Start geht, seit er im Sommer 1995 ein Jahr lang am Neckar studierte.
Sibbersen gehört zu den 94 Sportlern, die Deutschland vertreten bei der XX. Universiade, die in diesem Sommer vom 3. bis zum 13. Juli in Palma stattfindet. Die olympischen Spiele für Studenten, die in Deutschland mehr oder weniger unter Ausschluß der Öffentlichkeit ablaufen, erfreuen sich andernorts größter Beliebtheit. "In den USA", weiß Sibbersen, "wird die Universiade ganz groß geschrieben, ist einer der wichtigsten Wettkämpfe überhaupt." So schicken die Amerikaner ein komplettes Schwimm-Team mit 40 Startern nach Mallorca, alles Weltklasse-Athleten.
Dementsprechend bescheiden sind die Ziele des Nikar-Kraulspezialisten. In seiner Top-Disziplin, den 200 Metern Freistil, die am morgigen Sonntag über die Bühne geht, möchte Sibbersen in einen Endlauf kommen: "Das B-Finale wäre in Ordnung, das A-Finale ein Traum." Über 4x200 Meter Freistil am Montag glaubt er sogar an eine Medaillenchance. "Die Amerikaner werden wohl Gold holen und die Russen sind auch sehr stark", hofft Sibbersen auf Bronze, das er mit der Staffel bereits 1997 bei der Universiade auf Sizilien holte.
Weniger hoch gesteckt sind die Ziele der deutschen Volleyball-Mannschaft, die einer Berliner Auswahl gleicht. Gleich sieben Spieler aus der Hauptstadt hat Stelian Moculescu nominiert, der im vergangenen Jahr den erfolglosen Olaf Korbmann als Bundestrainer ablöste. Vom SSC sind Marco Liefke, Stefan Hübner, Silvio Schultze, Jan Günther und Frank Dehne in Mallorca dabei, Gabriel Krüger baggert für den Post SV und auch André Breuer, der inzwischen an der University of Hawaii studiert, war früher beim Post SV sportlich aktiv.
Für das Team von Moculescu hat die Universiade vielleicht den größten Stellenwert innerhalb der deutschen Equipe. Da die Volleyballer seit Jahren auf keiner Europa- oder Weltmeisterschaft mehr vertreten waren, ist die Studenten-Olympiade das einzige ganz große Turnier. Und die ideale Vorbereitung auf die Qualifikationswettbewerbe zur Olympiade 2000 in Sydney. Dementsprechend tummeln sich immerhin sechs A-Nationalspieler im deutschen Kader.
Morgen steht gegen die Slowakei gleich ein Schlüsselspiel auf dem Programm. "Gastgeber Spanien ist der Topfavorit der Gruppe A", glaubt Henning Schreiber, Wettkampfsportreferent des adh, "gegen Lettland und Libanon sind Siege Pflicht und die Spiele gegen Brasilien und die Slowakei entscheiden wahrscheinlich über den Einzug ins Viertelfinale." Immerhin, nach einem 0:3 in einem Testspiel gegen die USA am Mittwoch zeigten sich Moculescus lange Jungs tags darauf stark verbessert, es folgte ein 3:0 gegen eine allerdings ersatzgeschwächte jugoslawische Auswahl.