Palma de Mallorca, 13.07.1999
gau. Vor allem das Auftreten der deutschen Volleyballer, die bei der XX. Universiade in Palma de Mallorca sensationell Gold holten, empfand Roland Joachim rückblickend als „sehr positiv für den adh.“ Den „allgemeinen deutschen hochschulsportverband“ also, in dessem Vorstand der gelernte Sportlehrer ehrenamtlich das Finanz-Ressort begleitet.
Auf Mallorca bildete der Hemsbacher, der als Leiter des Hochschulsports an der Fachhochschule Darmstadt seine Brötchen verdient, zusammen mit adh-Wettkampfsportreferent Henning Schreiber die Teamleitung der deutschen Universiade-Mannschaft. Der 44jährige spielte lange Jahre Handball beim TV Hemsbach und trainierte unter anderem den TSV Birkenau in der Regionalliga. Übers Studium in Darmstadt kam er zum adh.
Roland Joachim, waren die Mallorquiner gute Gastgeber?
Joachim: „Die Spanier haben es zweifellos verstanden, die Infrastruktur einer Tourismusregion gut zu nutzen. Die Unterbringung in den Hotels und die Verpflegung hatten sehr gutes Niveau, der Transport zu Wettkampf- und Trainingsstätten klappte reibungslos. Nur schade, dass es nicht gelungen ist, neben der Begegnungsstätte in den Hotels einen Ort zu schaffen, wo alle Mannschaften zusammentreffen. Die Idee mit der Zeltstadt beim Stadion in Magaluf ist nicht aufgegangen, der Strand war reizvoller.“
Was gab es Bemerkenswertes aus deutscher Sicht?
Joachim: „Herausragend war der Turniersieg der Volleyballer. Athleten müssen auch gewinnen lernen. Das Volleyball-Team ist ein gutes Beispiel dafür, wie man Sportler vernünftig aufbaut. Aus adh-Sicht eine sehr positive Sache. Wir verstehen uns in Kooperation mit den Fachverbänden, eingebunden in deren perspektivische Pläne.“
War der Termin Anfang Juli angesichts der vielen Titelkämpfe zu dieser Zeit nicht ungünstig?
Joachim: „Die Terminfrage ist bei allen internationalen Wettbewerben schwierig. Damit muss man verantwortungsbewusst umgehen und Athleten zur Weltklasse heranreifen lassen, ohne sie zu verschleissen. Das ist eine pädagogische Aufgabe der Funktionäre.“
Sie sprechen den vollen Terminkalender durch Welt und Europameisterschaften, nationale Titelkämpfe, Welt- und Europa-Cups und nicht zuletzt die olympischen Spiele an. Warum dann noch eine Universiade?
Joachim: „Die Universiade ist das Multi-Sport-Event nach den olympischen Spielen. Eine Top-Fechterin wie Claudia Bokel zum Beispiel bereitet sich hier auf Olympia vor. Bei Weltmeisterschaften ist sie bekannt, trifft immer auf den selben Athletenkreis und lernt nie eine Rolle in einem grösseren Gefüge zu spielen. Zudem: Wenn sich irgendwo die Jugend der Welt trifft, dann auf der Universiade, allein schon durch die Altersbeschränkung von 27 Jahren. Bei Olympia ist der Druck viel stärker, die vielzitierte Völkerverständigung bleibt auf der Strecke. Wenn der Gedanke der Völkerverständigung Sinn macht, dann bei jungen Leuten, die in der Lage sind, auch miteinander zu kommunizieren. Wie die Studenten mit ihren Fremdsprachenkenntnissen eben.“
Warum hat der Hochschulsport in Deutschland vor allem im Vergleich zu Asien und Nordamerika einen relativ geringen Stellenwert?
Joachim: „Weil die Sportsysteme unterschiedlich sind. In Asien und den USA läuft der Spitzensport an den Hochschulen ab. Schade, dass unsere Verbände das nicht zur Kenntnis nehmen. Bei uns werden Spitzenathleten oft aufgefordert, zu Bundesgrenzschutz oder der Bundeswehr zu gehen, um sozial abgesichert zu sein und optimal trainieren zu können. Da sind andere Systeme auf der Welt gesellschaftlich sinnvoller. Wenn ein Leistungssportler sein Abitur gemacht hat und studieren will, dann sollte man ihm das auch ermöglichen. Wir vom adh wollen dabei keineswegs Konkurrent der Vereine sein, sondern Ergänzung. Ich halte unser Sportsystem mit den Vereinen, die eine wichtige soziale Aufgabe erfüllen, für eines der besten der Welt.“
Am 29. Juni wurde von der Hochschul-Rektorenkonferenz, dem deutschen Sudentenwerk, der deutschen Sporthilfe, dem DLV und dem DSB ein Kooperationsvertrag geschlossen. Ein Schritt in die richtige Richtung?
Sicher. Wenn jemand Spitzensport betreibt, dann vertritt er Deutschland und nimmt dafür einen hohen Zeitaufwand in Kauf. Lediglich diese Nachteile sollen ausgeglichen, den Sportlern keineswegs ein roter Teppich ausgerollt werden. Kernpunkte sind Regelungen bezüglich der Terminabsprache zwischen den Fachverbänden und dem adh oder den Klausurterminen an den Hochschulen. Oder die Möglichkeit, etwa vor Olympiaden ein Meistersemester einlegen zu können, das nicht als Urlaubssemester angerechnet werden muss. Zudem sollen hervorragende Leistungen wie die der Volleyballer, die hier als reine Amateure angetreten sind, durch die Sporthilfe belohnt werden. Man kann nicht einfach alle Studenten über einen Kamm scheren.“
Die nächste Universiade wird in zwei Jahren in Peking stattfinden. Was ist davon zu erwarten?
Joachim: „Für Peking ist es das erste weltweite Sport-Event überhaupt, die Chinesen legen extrem viel Wert darauf. Ein Rekordstreben wird dort nicht zu verhindern sein. Das gibt bestimmt ein Riesenspektakel in zwei Jahren.“
Schon auf Mallorca gab es mit über 6.000 Teilnehmern einen neuen Rekord. Geht durch diesen Gigantismus nicht das besondere Flair der Universiade verloren?
Joachim: „Das eine hat nicht unbedingt etwas mit dem anderen zu tun. Die internationale Studentensportvereinigung FISU findet auch dadurch Anerkennung, dass sie möglicht viele Mitglieder hat, das ist ein normales Bestreben. Den besonderen Flair und Charme der Veranstaltung zu wahren, könnte natürlich schwierig werden. Andererseits ist von der Menge der Teilnehmer her durch die Beschränkung auf die Kernsportarten plus einiger optionaler Sportarten, die der Veranstalter mit der FISU abstimmt, ein limitierender Faktor da. Durch diese positive Selbstbeschränkung wird es nie zu olympischen Dimensionen kommen.“