Von Harald Gaubatz


Montag, 09.01.1995

Accra. Im Folgenden Godwins Ausführungen zur Lage des ghanaischen Fußballs:

„Beim Afrika-Cup im Februar gab es Streit zwischen Abedi Pele und Anthony Yeboah. Odartey Lamptey erhielt auf Betreiben Peles das Trikot mit der Nummer 8, obwohl nach dem Willen Yeboahs dessen Günstling Prince Poley diese Nummer tragen sollte.“

Ich wäre wohl auch für Poley gewesen, wenn ich damals schon gewusst hätte, dass einer seiner vielen Vornamen Bismarck ist. Aber weiter Godwin:

„Ein Jahr zuvor spielte Ghana in Bochum gegen Deutschland. Yeboah war Kapitän, weil Pele zu spät eintraf. Pele, sonst Mannschaftsführer, war sauer.“

Ich erinnere mich gut an die Partie, das erste Aufeinandertreffen der beiden Nationalmannschaften. Zusammen mit Kofi, dem Ilvesheimer Mannschaftskollegen, dessen Vater aus Ghana stammt, pilgerte ich zum Ruhrstadion.

Zur Halbzeit führte Ghana 1:0. Kofi war selig: „Egal, wie es ausgeht. Ghana hat das erste Tor geschossen!“ Deutschland gewann 6:1, der Tag endete in der nächsten Kneipe bei viel Bier.

Godwin fährt fort:

„Am 12. Juli vergangenen Jahres bestellte ein Parlamentsmitglied Yeboah und Pele ein, um die Streitigkeiten beizulegen. Beide versicherten, wieder zusammen spielen zu wollen. Aber bei den Länderspielen fordern beide jeweils drei ihnen genehme Mitspieler. Die restlichen drei Positionen darf der Nationaltrainer nach seinem Willen besetzen.“

Klingt ziemlich abgedreht. Aber auch in Deutschland soll ein Kölscher Klüngel dafür gesorgt haben, dass Tony Schumacher bei der WM 1986 in Mexiko die Nummer eins im Tor war. Es folgte die Suppenkasper-Affäre durch Uli Stein.

Godwin ist noch nicht zu Ende:

„Pele ist in Ghana beliebter, weil er den Nachwuchs großzügig unterstützt. Yeboah dagegen hat Ghana nicht mehr geholfen, seit er in Deutschland ist. Er ist ein Money-Man und muss aufpassen, dass er nicht mit Steinen beworfen wird, wenn er womöglich beim nächsten Länderspiel in Accra eintrifft.“

Wohl eine stark übertriebene Ankündigung.

Aber afrikanische Nationalspieler haben es generell schwer in den 1990er Jahren. Länderspieltermine der FIFA, an denen die großen Ligen pausieren, gibt es noch nicht. So ist der Spagat zwischen den Wünschen der europäischen Klubs, die die Akteure üppig entlohnen, und der Heimat, die die Stars bei jedem Länderspiel trotz Reisestrapazen in Topform sehen wollen, für viele zu groß.

Simon, dessen Familie aus dem Dorf Hoffoe in der Eastern Region kommt, hatte schon nach dem Besuch im Downtown-Sports kritisch bemerkt: "Die Ashantis schauen nur nach dem Geld." Was ihn jedoch nicht daran hindert, nach der Rückkehr zu ihrem Haus ein Geschenk für die Bemühungen seines Bruders zu fordern.

Ein Geschenk, das "vom Herzen kommen" soll.

Auf Nachfrage erläutert er: "Geld ist allen Ghanesen ein willkommenes Geschenk." Ich lade ihn zum Essen ein...


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