Ouagadougou. (gau) Rachid Azzouzi weiß, was die Fans erwarten. "Wir sind das beste afrikanische Land in der Weltrangliste der FIFA", erklärt der Mittelfeldspieler der SpVgg Greuther Fürth, "also fordern die Leute in Marokko von uns den Titel." Einen ersten Schritt sind "Atlas-Löwen", wie sie in der Heimat genannt werden, diesem Ziel bei den Afrikameisterschaften in Burkina Faso nähergekommen. Das Viertelfinale, in dem am Sonntag Titelverteidiger Südafrika der Gegner ist, wurde als souveräner Sieger der Gruppe D erreicht.

Doch Azzouzi warnt: "Die Verhältnisse hier sind mit Europa gar nicht zu vergleichen. Da gibt´s so viele Kleinigkeiten, die zusammenspielen: Die Bälle, die Plätze, das extreme Klima, die schlecht ausgebildeten Schiedsrichter..."
Immerhin, was möglich war, haben die Verantwortlichen der Nordafrikaner getan, um die Voraussetzungen zu schaffen. Auch für ein weiterhin erfolgreiches Abschneiden wurde von den Nordafrikanern alle nur erdenkliche Vorsorge getroffen.

"Wir haben eine Satellitenschüssel fürs Fernsehen dabei, Telefone, Wasser, Essen, einen eigenen Koch", zählt Azzouzi auf, "der Verband tut wirklich alles für die Spieler." Was aber auch nötig sei: "Hut ab vor den anderen Teams, die das hier ohne solche Vorkehrungen durchhalten." Den großen Schock, den Azzouzi 1992 erlebte, "als ich beim Cup im Senegal zum ersten Mal in Afrika war", den habe es diesmal nicht gegeben. " Den großen Schock, den der 28-jährige wieder  habe es diesmal nicht gegeben. Trotzdem, wer seit 25 Jahren in Deutschland lebt, der tut sich in Burkina Faso eben schwer.

Erst seit ´91 weilt Abderrahim Ouakili in hierzulande. In Marokkos Hauptstadt Rabat kickte der Stürmer des TSV 1860 München größtenteils auf der Straße, in Deutschland begann die Karriere beim FC Maroc in der Frankfurter Bezirksliga. "Eigentlich nur zum Spaß", wie Ouakili betont. Sieben Spiele und 15 Tore später folgte der Aufstieg in die hessische Landesliga zum SV Jürgenheim. Beim FSV Mainz in der zweiten Liga rückte der 28-jährige dann ins nationale Rampenlicht, international will er im Sommer bei der Weltmeisterschaft in Frankreich glänzen.

"Die WM ist etwas ganz Besonderes", weiß auch Azzouzi. Beide erinnern sich noch zu gut an Mexiko ´86. Dort überstand Marokko als erstes afrikanisches Land überhaupt die Vorrunde. Im Achtelfinale kam dann das Aus in der 87. Minute - gegen Deutschland, durch ein Freistoß-Tor von Lothar Matthäus. "Damals habe ich zu Hause in Köln vor dem Fernseher mit der marokkanischen Fahne gewunken", kann sich Azouzzi noch gut erinnern. Und Ouakili erlebte in Marokko nach dem Spiel "eine Stimmung wie bei einer Beerdigung".

Diesmal soll alles anders werden. "Im Sommer in Frankreich ist für uns alles drin", ist Ouakili überzeugt, "wir haben Respekt vor Brasilien, aber vor niemandem Angst."  Und Azzouzi ergänzt: "Im Dezember haben wir dort zwar 0:2 verloren, aber wir hatten viele gute Chancen. Mit Ulf Kirsten hätten wir vielleicht gewonnen." Oder mit Ouakili, denn der "Neu-Löwe" fehlte den Marokkanern bei der Partie in Belem. "Da haben die Brasilianer nochmal Glück gehabt", meint er grinsend.

Erstaunliches Selbstbewußtsein für einen, der gerade mal ein paar Spiele in der Bundesliga absolviert hat. Genauso erstaunlich wie bei Azzouzi, der zu einem Zweitliga-Aufsteiger gewechselt ist und in Frankreich Weltmeister Brasilien schlagen will. Aber vielleicht dürfen die Marokkaner ja etwas selbstbewußter sein wie andere. Schon 1970 waren sie bei einer Weltmeisterschaft dabei, als erste afrikanische Nation. Warum sollten sie nicht wieder die Ersten ihres Kontinents sein? Diesmal die Ersten, die in einem WM-Halbfinale stehen.