Ouagadougou. (gau) Yasser Radwan scheint ein stiller Genießer zu sein. Nach dem Schlußpfiff im "Stade du 4 Aout" von Ouagadougou schlenderte der Rostocker gedankenverloren alleine über den nicht mehr allzu grünen Rasen um irgendwann an der Außlinie zu landen und ein paar Schluck Wasser zu trinken.

Hany Ramzy gebärdete sich dagegen alles andere als nordisch unterkühlt. Der Bremer Abwehrspieler war ganz aus dem Häuschen, umarmte in der ersten Euphorie jeden, der ihm über den Weg lief, rannte zu den Fans, die den Weg vom Nil nach Burkina Faso auf sich genommen hatten und tobte kurz darauf mit freiem Oberkörper und wehender ägyptischer Fahne in den Händen über den Platz.

"Das war wichtig für den Fußball in Ägypten", sprudelte es aus ihm heraus, "auch, weil wir uns nicht für die Weltmeisterschaft in Frankreich qualifizieren haben." Da kommt ein Erfolg bei den Afrikameisterschaften gerade recht. Zumal die Ägypter keiner so richtig auf der Rechnung hatte. Und souverän herausgespielt war der 2:0-Erfolg gegen den Titelverteidiger aus Südafrika allemal. Nach dreizehn Minuten, nach den Treffern von Ahmed Hassan (5.) und Tarek Mostafa (13.), den Ramzy mit einem schnell ausgeführten Freistoß einleitete, war die Partie entschieden.

Das sah auch der Werder-Profi so. "Nach dem 2:0", erklärte Ramzy, "habe ich gewußt, daß wir es schaffen." Klar, wer wie die Ägypter im ganzen Turnier erst einen Gegentreffer bekommen hat, der wird nicht ausgerechnet im letzten Spiel deren zwei einstecken müssen. "Die sind sehr gut in der Defensive, sehr diszipliniert", mußte Südafrikas Interimscoach Jomo Sono zerknirscht eingestehen. John Moshoes Pfostenschuß aus der 76. Minute war der erste und einzige Schuß der Kicker vom
Kap auf das Gehaüse von Nader El Sayed. Die "Bafana Bafana" wirkte über weite Strecken der Partie hilflos, wurde teilweise regelrecht vorgeführt.

Nun ist die ägyptische Art, Fußball zu spielen, nicht unbedingt das, was die Zuschauer von den Sitzen reißt. Fußball nach Art eines Trainers wie Mahmoud El Gohari, das ist Rasenschach in Perfektion. Jeder ordnet sich bedingungslos dem Gesamtkonzept unter, Bundesligastars wie Ramzy und Radwan ebenso wie Kapitän und Torjäger Hossam Hassan, der es zuvor in fünf Spielen immerhin auf sieben Treffer brachte. Die ägyptische Mannschaft des Afrika-Cups 1998, das sind elf brillante Einzelkönner, von denen jeder jederzeit den einfachen Paß bevorzugt, wenn er sinnvoller erscheint.

Aber wenn es sich ergibt, dann geht´s natürlich auch anders. "Jedesmal, wenn ich passen wollte, sind die Verteidiger wieder einen Schritt zurückgegangen", beschrieb Ahmed Hassan mit schelmischen Lächeln sein ganz persönliches Erfolgerlebnis, "und irgendwann habe ich dann einfach geschossen." Der Ball schlug aus knapp zwanzig Metern im rechten Torwinkel ein. "Mein größtes Tor", strahlte Hassan, "es hat uns den Weg zum Cup-Sieg geebnet."

"Wir haben eine sehr gute Mannschaft", freute sich Ramzy nach der Demonstration in punkto taktischer Disziplin und optimaler Raumaufteilung, "der ägyptische Fußball ist wieder im Kommen." Für eines allerdings, das weiß auch der 28jährige, kam der neue Trainer El Gohari zu spät: "Die WM-Qualifikation hatten wir schon vorher verspielt." Ein großer Wermutstropfen, denn Ramzy sprach schon einige Minuten nach dem Finalerfolg nur vom "zweitschönsten Tag in meiner Karriere. Das beste war Italien vor acht Jahren, eine Weltmeisterschaftsteilnahme ist das Größte."

Vielleicht konnte auch deshalb Benedict McCarthy, der in Burkina Faso mit sieben erzielten Toren zum Superstar aufstieg, den südafrikanischen Journalisten ohne jede erkennbare Enttäuschung über die gerade erlittene Niederlage in die Notizblöcke diktieren: "Wir haben das Beste versucht, bei der WM werden wir es erneut versuchen." Denn bei der WM, das weiß der 20-jährige Sunnyboy von Ajax Amsterdam, der mit blondgefärbten Locken und schwarzer Gucci-Sonnenbrille mit
roten Gläsern seinen zahlreichen weiblichen Fans eifrig Autogramme schrieb, sind die Südafrikaner dabei. Und die Ägypter eben nicht.