Ouagadougou. (gau) Zum Abschluß der 21. Afrikameisterschaften pilgerten nochmal gut 20.000 Fußball-Gläubige ins "Stade du 4 Aout" in Ouagadougou. Die überwiegende Mehrheit von ihnen wollte vor allem eines: Südafrika gewinnen sehen. Denn die Anhänger des Wettbewerbs mit der runden Kunstlederkugel stehen in Afrika wie anderswo vor allem auf spektakuläre Einzelaktionen, technische Kabinettstückchen und Individualisten auf dem Platz, die Farbe in den Alltag bringen.
All das hatten die Südafrikaner während des Afrika-Cups in Burkina Faso zu bieten. Den Einzug ins Endspiel verdankte die "Bafana Bafana", ein nach der Entlassung von Trainer Clive Barker im Dezember und der anschließenden Ausmistaktion von Interimscoach Jomo Sono bunt zusammengewürfelter Haufen, in erster Linie spektakulären Einzelaktionen.
Für technische Kabinettstückchen zu Unzeiten ist zum Beispiel Libero Mark Fish zu haben, der gerne am eigenen Strafraum per Hackentrick klärt. Auch Individualisten stehen zur Genüge im Team. Etwa Brian Bayoli, der blondgefärbte Rastafa im Tor. Oder der stürmenden Youngster Benedict McCarthy, der mit goldenem Haarschopf herumläuft und nach dem Spiel die schwarze Gucci-Sonnenbrille mit den roten Gläsern trägt. Bei Dämmerung im düsteren Kabinengang, versteht sich.
Im Vergleich dazu wirken die Ägypter schon äußerlich recht bieder. Und Fußball, wie in Trainer Mahmoud El Gohari von den Kickern vom Nil spielen läßt, begeistert nun mal mehr die Fachwelt als die breite Masse. Denn wenn elf brillante Ballartisten mit äußerster taktischer Disziplin agieren, eine nahezu perfekte Raumaufteilung demonstrieren und immer den einfachen Paß bevorzugen, wenn er sinnvoller erscheint als die ausgefallene Aktion, dann erinnert das fatal an Rasenschach.
Was wiederum höchstens die eigenen Anhänger bejubeln, so perfekt die Darbietung auch sein mag. Und die Darbietung der Ägypter war perfekt. Eine unkonzentrierte Anfangsviertelstunde des Gegners reichte, um die Partie zu entscheiden.
Ahmed Hassan wunderte sich über die zögerlichen Abwehrspieler, zog aus zwanzig Metern ab und traf den rechten Torwinkel (5.). Acht Minuten später nutzte Tarek Mostafa einen schnell ausgeführten Freistoß von Hany Ramzy zum 2:0 - das Spiel war gelaufen, noch ehe es richtig begonnen hatte.
"Nach dem 2:0 habe ich gewußt, daß wir es packen", behauptete Ramzy nach dem Schlußpfiff. Verständliches Selbstbewußtsein des Bremer Abwehrspielers, kassierten die Defensivkünstler aus Ägypten doch im ganzen Turnier nur einen Gegentreffer! Da die Südafrikaner zudem drei Tage vor dem Endspiel die unbequemen Kongolesen am Nachmittag unter sengender Sonne erst in der Verlängerung niederkämpfen konnten, fehlte gegen Ägypten ganz einfach die Kraft, um sich nach dem frühen Rückstand entscheidend aufzubäumen.
Zumal die "Crazy Boys" vom Kap mit ihrer nicht minder abgedrehten Anhängerschaft nicht den Eindruck machten, als hätten sie den Halbfinal-Erfolg mit Mineraldrinks gefeiert. Jomo Sono trug die Niederlage mit Fassung. "Wir haben das Finale erreicht, ich bin glücklich", mimte er den Fußball-Philosophen, "ich habe zwanzig Jahre selbst gespielt und inzwischen verstanden: Es muß einen Gewinner geben." Und damit logischerweise auch einen Verlierer. Also wird Sono den Pokal für den zweiten Platz mit nach Hause nehmen, und dann "ist Schluß mit dem Nationalteam. Ich gehe zu meinem Klub zurück." Zu Jomo Cosmos, wo der beleibte Gemütsmensch Besitzer und Trainer in Personalunion ist.
Vielleicht ahnt Sono ja auch, daß aus dieser südafrikanischen Mannschaft mehr herauszuholen ist, als er imstande war zu tun. Einem Philippe Troussier, der in Afrika seit acht Jahren von Erfolg zu Erfolg eilt und gerade Burkina Faso sensationell ins Halbfinale des Afrika-Cups führte, könnte das gelingen. Dem Franzosen ist zuzutrauen, die taktischen Defizite der "Bafana Bafana" auszumerzen.
Vielleicht gelingt ihm sogar das Kunststück, die Südafrikaner noch erfolgreicher als bisher spielen zu lassen - und trotzdem spektakulär, mit technischen Kabinettstückchen und ausgefallenen Individualisten in ihren Reihen. Aber das wäre wohl ein Widerspruch in sich.